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Die türkische Gastfreundschaft

Anna • 1. Mai 2022

"Florian, do you like tea?"

Unsere Zeit in der Türkei ist voller ganz wunderbarer Erlebnisse und Geschichten. Hier möchten wir ein paar kurze Schlaglichter zum Thema Gastfreundschaft geben.

Schlaglicht 1: „Florian! Do you like tea?“

Unser erster Stopp im Land: Eine Tankstelle, um eine Mautplakette zu kaufen.

Und der erste Eindruck aus dem Land: Noch während wir mit der Vignette hantieren, kommt uns der Tankwart entgegen gelaufen. „Florian! Here, this is for you! Do you like tea?“ Breit grinst er, während er Flo das klassische bauchige Teeglas in die Hand drückt und wuselt nach kurzer Nachfrage davon, um auch mir einen türkischen Tee zu bringen.

Mir fallen zwei Dinge auf, die sich durch den weiteren Aufenthalt der Türkei ziehen werden: Tendenziell wird man in der Türkei mit seinem Vornamen angesprochen, was ich sehr sympathisch finde, und bei einem Pärchen werden meistens ausschließlich die Männer angesprochen, was ich nicht so sympathisch finde.

Schlaglicht 2: Vier Jugendliche und ein Klohäuschen

Wir stehen etwas verloren in Tekirdağ vor einem Klohäuschen. Die Türen öffnen sich nur mithilfe von Bargeld, welches wir allerdings noch nicht besorgt, bzw. durch Straßenmusik erspielt haben. Eine Gruppe Jugendliche geht an uns vorbei und als sie wieder raus kommen, stehen wir immer noch da wie bestellt und nicht abgeholt, woraufhin sie uns fragen, ob wir Hilfe bräuchten. Ich erkläre ihnen die Situation und prompt habe ich ein paar Münzen in der Hand, die uns die Türen öffnen. Jegliche Gegenleistung in Form von € wird vehement abgelehnt und freundlich lächelnd zieht die Gruppe von dannen. Ich frage mich, ob eine Gruppe deutscher Jugendlicher zwei reisenden Türk*innen auch einfach so einen Klogang spendiert hätte.

Schlaglicht 3: Picknick auf dem Parkplatz

Wir kommen – ziemlich müde und fertig – von einem grandiosen Straßenmusiktag in Istanbul (➼ Straßenmusik in Istanbul) zurück zu Rusty. Der steht auf einem großen Parkplatz und eigentlich wollten wir nur schnell unsere Instrumente in den Bus packen und dann wieder los zum Matze (➼ Superhost Matze).

Als wir am Parkplatz ankommen, sind die ganzen schmalen Grünstreifen zwischen den Autoreihen übersät mit Picknickdecken und Camping-Mobiliar. Überall sitzen Gruppen von Menschen, die – direkt hinter ihren Autos – jeweils kleine Lager aufgebaut haben.


Hier ein kurzer Hintergrund: Zu dem Zeitpunkt war gerade Ramadan, der Fastenmonat in der Türkei (mehr dazu im Blogeintrag ➼ Istanbul - die Stadt). Dabei ist es Brauch, dass sich viele der Fastenden abends bei Sonnenuntergang zum „Iftar“, dem Fastenbrechen treffen, um gemeinsam zu essen.


Auch hinter unserem Bus ist eine Picknickdecke aufgebaut und wir schlängeln uns vorsichtig vorbei an den sich entschuldigenden Menschen. Nachdem die Instrumente verstaut sind, wollen wir wieder los. Ich stecke den Kopf aus der Schiebetür und habe direkt zwei Teller voller Essen vor der Nase. Die Familie, die hinter unserem Bus picknickt, hat uns – als sie uns als die Besitzer des Busses identifiziert hatten - direkt mit eingeplant. Sogar zwei Kartons haben sie noch besorgt, damit wir uns nicht auf die blanke Wiese setzen müssen. Mit Händen, Füßen und Google Translate unterhalten wir uns mit der Großfamilie, in der nur die älteren beiden Geschwister Englisch sprechen. Die Gespräche sind sehr interessant und auch – der ein oder anderen Übersetzung geschuldet – immer wieder ziemlich unterhaltsam. Die Familie teilt völlig selbstverständlich mit uns ihr Essen inklusive selbstgemachtem Kirschsaft – und wir kriegen sogar noch einen Nachschlag. Zum Abschied gibt es Süßigkeiten und zwei Beutel voller Brot, Reis und Obst – keine Widerrede. :D

Gut gelaunt und dankbar fahren wir dem Matze entgegen, der sich über den Grund unserer Verspätung sehr freut und – was Pünktlichkeit angeht – sowieso inzwischen eher türkisch eingestellt ist.

Schlaglicht 4: „Goodbye Florian“

Selbst unser letztes Erlebnis in der Türkei ist geprägt von Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Kurz vor der Ausreise werden wir noch einmal angehalten, ein Sicherheitsmann in dem Grenzhäuschen weist uns an, stehenzubleiben. Er mustert uns, mustert Flos Ausweis und fragt nach: „Are you Florian?“ Flo bejaht und er schüttelt ihm die Hand.

„Goodbye Florian!“ :) sagt er freundlich, denn der einzige Grund für den Stopp war, uns zu verabschieden. Anscheinend wollte er einfach nochmal Tschüss sagen. Mit einem Lächeln auf den Lippen starten wir den Motor wieder und rollen über die Grenze nach Bulgarien...

Aber das ist eine andere Geschichte.

PS: An dieser Stelle finde ich es wichtig, zu erwähnen, dass uns die meisten dieser Begegnungen fernab von touristischen Hotspots passiert sind. Ich glaube, dass die Wahrnehmung eines Landes sehr stark davon abhängt, was man sich von diesem Land ansieht und wie man reist. Denn wenn ich mich nur zwischen Hotel, Sehenswürdigkeit und Pool/Strand bewege, dann begegnen mir - anders als auf einem Parkplatz außerhalb der Stadt oder einer Tankstelle mitten in der Pampa – vermutlich eher Touristenfallen (die es definitiv gibt – auch das haben wir erlebt) und falsche Freundlichkeit, unabhängig vom jeweiligen Land.

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