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Zu Besuch bei Super-Host Matze

Anna • 10. April 2022

Teil 1 unserer Zeit in und um Istanbul

Insgesamt waren wir gleich dreimal in Istanbul. Erst für eine knappe Woche zu Besuch beim Matze. Dann – nach einem Ausflug ans schwarze Meer – kamen Ötsch und Jeanne zu Besuch. Wir erkundeten die Stadt zum zweiten Mal und nach einer gemeinsamen Tour mit unseren Besuchern zum Marmarameer kamen wir zum Abschied ein drittes Mal in die türkische Hauptstadt. Von dieser Zeit gibt es unzählige Eindrücke und Erlebnisse, von denen wir in den verschiedenen Blogeinträgen erzählen.


Dieser Blogeintrag handelt von unserem ersten Aufenthalt in der Metropole



Vorwort

Wenn man sich lange nicht gesehen und gehört hat, kann ein Wiedersehen sehr unterschiedlich ausfallen. Ziemlich unentspannt, ein bisschen seltsam und gewollt - oder aber alles ist einfach wie früher. Das Wiedersehen mit Matze war ein Paradebeispiel für Letzteres.


Kapitel 1: Einleitung

Nach zwei bis drei Jahren Funkstille schrieb ich ihm, dass wir auf unserer Tour geplant hatten, bis nach Istanbul zu fahren und ihn in diesem Zuge - falls es ihm passe - zu besuchen. Seine Antwort: „Klar, super gerne! Kommt vorbei!“ Und so bekamen wir bei unserer Ankunft in Istanbul direkt einen Zweitschlüssel für die frisch bezogenen Wohnung mitten in der Stadt in die Hand gedrückt und eröffneten damit quasi instant eine kleine 3er-WG, in der sich alle Mitbewohner großartig verstanden!


Kapitel 2: Flashback

Hier eine kurze Hintergrundgeschichte zu unserem Superhost:

Matze ist mein (Annas) Exfreund :D wir waren auf der gleichen Schule und haben zusammen Abi gemacht. Zusammen gekommen sind wir aber erst danach, in Würzburg, wo wir beide studiert haben. Aus einer Freundschaft wurde eine Beziehung und danach wieder eine Freundschaft. Als Matze dann vor circa 4 Jahren (kurz nach seinem Outing) nach Istanbul gezogen ist, hat sich der Kontakt leider ein bisschen verlaufen.

Matze und Flo haben hingegen eine ganz eigene Vergangenheit: Unabhängig von meiner Geschichte gehören beide nämlich zu den Gründungsmitgliedern der Rama-Lamas (unserer Würzburger Acapella-Gruppe), was ich allerdings nicht mitbekommen habe, weil Matze dort schon vor meinem Eintritt in die Gruppe wieder ausgetreten war und der Chor damals noch nicht so hieß. Diese Tatsache führte letztendlich dazu, dass Flo bei seinem ersten Treffen meines Exfreundes vor vier Jahren sagte: Ah, der Matze, singt der zufällig Bass? Ja - den kenn´ ich schon!


Kapitel 3: Die Szenerie: Matzes Viertel

Gerade angekommen, führte uns Matze gleich am ersten Abend durch sein Viertel: Nahe an der Istanbuler Innenstadt und doch durch einen Hügel soweit abgetrennt, dass man hier normalerweise keinerlei Touristen antrifft, schlenderten wir durch ein absolut authentisches, kleines, türkisches Viertel mit engen Straßen, unzähligen kleinen Geschäften jeglicher Art – vom Gemüsehändler über den Haushaltswarenladen bis hin zum Teppichverkäufer. Überall Rollerfahrer, viele Kneipen und Restaurants, Schrottsammler, die mit einer selbstgebauten Schubkarre laut rufend durch die Straßen ziehen und an jeder Straßenecke kleine Häuschen für die Straßenkatzen, denen es in Istanbul wirklich gut zu gehen schien.

Die ganze Szenerie hat mich ein bisschen an Bangkok erinnert: Ähnlich chaotisch und mit viel Charakter - meine absolute Lieblingsstadt! (neben Köln ;)


Von seinem Stamm-Imbiss, in dem wir unser erstes türkischen Essen probierten (mehr dazu im Blogeintrag "Turkish Delights") ging es zu seiner Stammkneipe, wo wir außen auf dem engen Gehsteig direkt vor dem Eingang eines wunderlichen kleinen Geschäftes saßen, dessen Aushängeschild uns der Matze folgendermaßen übersetzte: „Beerdigungen, Hochzeiten, Beschneidungen“ Eine interessante Kombination… (siehe Bild) Ich staunte nicht schlecht als ich meinen alten Freund plötzlich fließend türkisch sprechen hörte! Souverän leitete er unsere Bestellung weiter, schäkerte noch ein bisschen mit dem Wirt und wechselte dann wieder ins Deutsche, wo er in mein erstauntes Gesicht blickte, von dem die Kinnlade weit nach unten hing. Aus meinem Erstaunen wurde ich aber recht schnell herausgeholt, weil in diesem Moment ein Müllsack direkt auf der anderen Straßenseite aus einem Fenster auf den Gehsteig platzte – ein paar der alten türkischen Omis haben sich diese Angewohnheit nach wie vor noch immer nicht abgewöhnt (eine Tatsache, die Matze furchtbar aufregt). :D

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Kapitel 4: Zwischenmenschliches

Schon am ersten Abend versanken wir in spannenden Diskussionen und tiefen Gesprächen, was sich auch durch die weiteren Tage zog. Wir sprachen stundenlang über teilweise sehr persönliche Themen, erzählten was so passiert ist in den letzten Jahren und philosophierten gemeinsam über Gott und die Welt. Natürlich war auch die türkische Politik ein Thema in unseren Diskussionen. Ich fragte den Matze, ob es in diesem konservativen und streng überwachten Land als Homosexueller Probleme gibt und ob man sich verstecken muss. Er grinste und meinte dazu, dass es in der Öffentlichkeit kaum auffällt, ob man schwul ist, weil die türkischen Männer sowieso viel körperlicher miteinander umgehen als die Deutschen. Arm in Arm laufen, eng zusammen sitzen etc. - alles völlig normal. „An sich kann man hier als Homosexueller ganz normal leben, man darf halt nur nichts Dummes machen“, erklärte er. „Was ist denn was Dummes?“ war meine Gegenfrage. Er: „Eine Regenbogenflagge schwenken zum Beispiel.“

Im ersten Moment ein ziemlich witziger Kommentar, zeigt er dennoch trotzdem die Ernsthaftigkeit der Situation.


Nicht nur in Gesprächen, sondern auch beim Feiern passten wir drei ganz wunderbar zusammen. Die meisten der gemeinsamen Abende endeten weit nach Mitternacht, sei es beim um-die-Häuser-ziehen, der Einladung zu einem Doppel-Geburtstag, einem gemütlichen Bierchen im Park mit Blick auf die Stadt oder bei dem Besuch einer Meyhane (siehe Kapitel 5). In diesem Zuge lernten wir auch noch eine weitere türkische (oder nur istanbulische?) Spezialität kennen, als wir in den Morgenstunden mit einem Wegbier in Richtung Wohnung zogen: Ein Burger, der nach der Herstellung noch mal in Frittierfett und Tomatensoße gebadet wird. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass das sogar im betrunkenen Zustand wirklich furchtbar schmeckt.


Ein Sonntag ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es war der Tag nach dem frittierten Burger. Wir begannen ihn in einem Café mit Menemen (türkischem Rührei), Çay (türkischem Tee), frisch gepresstem Orangensaft und original türkischen Eis aus Ziegenmilch (schmeckt nicht nach Ziege, hat aber eine abgefahrene Konsistenz). Danach ging es auf den wöchentlichen Flohmarkt im Viertel. Bei unserem Katerprogramm mit von der Partie war Matzes Kumpel Efe, dessen Aufgabe es war, bei einem Objekt unseres Interesses mit dem Verkäufer zu verhandeln, da er als einziger von uns nicht Westeuropäisch aussah und damit eine ganz andere Preis-Diskussionsbasis hatte. Außerdem liebte er verhandeln :D

Und so schlugen wir an diesem Tag auch richtig zu. Wir kauften eine türkische Doppelteekanne, Efe schenkte mir eine kleine „Einfachteekanne“ und der Matze holte sich – wie soll es auch anders sein – ebenfalls eine kleine Teekanne - „Yes, we CAN!“

Der restliche Tag verging mit bestelltem Essen (gefüllte Burger!) sowie viel Trash-TV (wir schauten eine ganze Staffel „Too Hot to Handle“) und endete erneut viel zu spät nachts, da zu Trash-TV natürlich auch ein oder zwei oder drei… Bierchen gehören.

Kapitel 5: Die Meyhane

An unserem zweiten Abend in Istanbul zeigte uns Matze das wunderbare Konzept einer Meyhane. Das ist ein Restaurant, in dem es eigentlich nur zwei Dinge zu bestellen gibt: Raki und Meze (türkische Tapas). Mehyanen schienen uns ein wichtiger Teil in der türkischen Kultur zu sein, da wir in jedem größeren oder kleineren Ort mehrere vorfanden – immer prall gefüllt mit Einheimischen.

Die Zeremonie in einer solchen beginnt immer mit einer ersten Frage des Kellners: „Welcher Raki und wie viel?“ Und nachdem die bestellte Flasche, zusammen mit einer Flasche Wasser auf dem Tisch steht, kommt er erneut mit einer großen Platte mit ganz vielen kleinen Tellern, von denen auf jedem eine türkische Leckerei ist. Von gebratenen Auberginen und angemachten Seealgen, über Bohnenpaste und Käseaufstrich, bis hin zum klassischen türkischen Joghurt mit Salz, Minze und Knoblauch sucht man sich so viele kleine Teller aus, wie man möchte und sitzt dann ausgerüstet mit einem großen Brotkorb, einer Flasche Raki und einer Flasche Wasser an einem Tisch voller Köstlichkeiten.


Jeder Gast hat dabei zwei Gläser: Eines dient als Wasserglas und das andere wird zu einem bestimmten Anteil mit Raki - und der Rest mit Wasser aufgefüllt. Man erkennt eine Meyhane daher auch leicht von Außen an den zwei Gläsern, die an jedem Platz stehen. Eines mit klarem Wasser gefüllt, und das andere milchig weiß mit der Raki-Wasser Mischung. Hier liegt auch das Geheimnis eines katerfreien Morgens: Man trinkt eigentlich nur reinen Schnaps und ganz viel Wasser. Das Brot, die Eiswürfel, die zusätzlich noch auf jedem Tisch stehen und das Wasser werden von den Kellnern laufend, ohne Nachfrage und Aufpreis nachgefüllt (eines der Beispiele für den guten Service in der Türkei und weshalb ein geflügelter Begriff unseres Besuches die „Servicewüste Deutschland“ war)


Im Laufe des Abends zeigt der Raki bei allen Gästen in der Meyhane seine Wirkung und so wurden wir Zeuge einer emotionalen Ansprache eines Geburtstagskindes (die uns simultan von einer der Gäste ins Englische übersetzt wurde) und haben ein Stück der Geburtstagstorte serviert bekommen, nachdem die ganze Meyhane (inklusive uns) ein Geburtstagsständchen zum Besten gegeben hatte. Einfach ein wunderschöner Abend!

Kapitel 6: Kochen bei Umut

Nachdem ich in Matzes Wohnung schon gelernt hatte, wie man mit einer türkischen Doppelteekanne Çai richtig zubereitet, war ich umso glücklicher über die Einladung von Matzes Exfreund, um bei ihm bei einem gemeinsamen Kochabend noch mehr über die türkische Küche zu lernen. Wir hatten Umut auf der Geburtstagsparty kennen gelernt und uns großartig verstanden und so trudelten wir drei eines Abends bei ihm ein. Es gab insgesamt sechs verschiedene türkische Gerichte – ich war im siebten Himmel! Umut wuselte durch die Küche und erklärte die verschiedenen Gerichte, während wir als fleißige Küchenhelfer den Käse rieben, die Karotten schnitten oder die Auberginen „rösteten“. (Diese „Röstung“ bestand darin, das Gemüse einfach in die offene Flamme des Gasherdes zu legen bis sie kohlschwarz waren. Klingt komisch, hat aber eine unglaublich leckeres Ergebnis gebracht – bei Nachfragen gerne an mich wenden!) Dazu lief türkische Musik und der Duft von Räucherstäbchen lag in der Luft. Mein Fazit: Beim nächsten Besuch in Istanbul stehe ich wieder vor Umuts Tür, ob mit oder ohne Einladung! :D

 

Nach dem wunderschönen Abend bei Umut stand für uns der vorläufige Abschied vom Matze an, da wir für ein paar Tage ans schwarze Meer fuhren. Die Trennung war allerdings nicht von allzu langer Dauer, da schon wenige Tage später Ötsch und Jeanne in Istanbul ankamen um uns und Matze zu besuchen...

Aber das ist Teil 2 der Geschichte!

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