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Eigentlich... Part III: Vorurteile, ade!

Flo • 11. November 2021

Im Kosovo

Wenn sich wohl ein Land zum Aufräumen mit Vorurteilen eignet, dann auf jeden Fall der Kosovo:


Einige Stimmen hatten uns im Vorneherein nahegelegt, "um diesen Krisenherd einen Bogen zu machen", uns nicht "in die Gefahr zu begeben, dass uns in so einem unsicheren Land etwas zustößt", "besser nicht hinzufahren, wer weiß, wie dort die Leute sind". Und so musste es wohl kommen: Kaum hatten wir unseren Fuß auf kosovanischen Boden gesetzt*, da wurden wir bereits zum Kaffee eingeladen. Während Anna beim Einparken noch nicht einmal die Handbremse angezogen hatte, wurde ich bereits aus einem vorbeirollenden Caddy, mit dem Blick auf unser Nummernschild, von einem holprigen "Hallo, wie gehts?" begrüßt. Positiv geprägt durch die schönen Begegnungen in Albanien kam ich schnell ins Gespräch mit dem älteren Herrn, der uns da aus seinem Auto zuwinkte und uns beide ins Restaurant um die Ecke zum Espresso einlud. Wenn man Annas Aussage Glauben schenken möchte: "Der beste Espresso, den sie je getrunken hatte, noch besser als der in Italien!"


*Die außereuropäische Autoversicherung, die man bei der Einreise braucht, gabs von dem netten Grenzbeamten umsonst.


Aus dem Café ging es dann - samt unseren Instrumenten - zu dritt auf den beiden Vordersitzen des kleinen Caddies nach Pristina hinein – unser Gastgeber ließ es sich nicht nehmen, uns im Zentrum der Stadt abzusetzen, wo wir am Vormittag in einer Stadtführung spannende Details zur Entwicklung dieses jungen, noch nicht vollständig anerkannten Landes mit seiner militärisch geprägten Vergangenheit erfuhren und am Nachmittag den Straßenmusik-Rekordumsatz aller Balkan-Länder aufstellten.

Eigentlich wäre es danach von unserem Abstecher wieder zurück nach Süden gegangen, wäre uns dann nicht dasselbe wie in Bitola passiert, weil Maja, die unser Pristina-Straßenmusik-Video auf Instagram entdeckt, uns nach Prisren weiterschickt. Sie käme aus dem Kosovo, und wenn wir uns schon nicht den Norden des Landes ansehen, aus dem sie herkommt, dann wenigstens dieses pittoreske kleine Städchen etwas weiter Südöstlich.

Es war schon spät, die Sonne dank der kurzen Tage im Herbst bereits am untergehen und wir wollten eigentlich am übernächsten Tag wieder in Ohrid sein, der Pfannkucheneinladung folgen und Martin und Franzi wiedersehen! Hin- und her wurde überlegt – sind wir schon zu müde? Ist es schon zu spät? Welche Route würden wir dann fahren? Ist es die ganze Strecke wert? Bereuen wir es vielleicht am Ende, nicht dort gewesen zu sein? Schaffen wir es rechtzeitig zu den Pfannkuchen?


Es wurden Routen gewälzt**, Pläne abgewogen und schließlich stand fest - wie könnte es auch anders sein: Wir fahren noch nicht zurück, sondern weiter nach Prisren. Einen Abend lang durch dieses Städtchen zu schlendern wäre doch wunderbar, und überhaupt sehen wir so immerhin auch noch ein bisschen mehr von diesem kleinen Land – wer weiß, wann wir das nächste mal wieder hier sein werden! Und außerdem schlägt uns Google eine astreine Route vor, mit der wir im Nu von Prisren im Norden in einer direkten Linie wieder nach Süden zum Ohridsee gelangen.


**Daumen Hoch: Im Gegensatz zu den meisten deutschen Städten *räusper* stellen die Städte im Kosovo, ähnlich wie es auch in Tirana in Albanien der Fall gewesen war, ihren Besuchern nicht nur frei verfügbares, sondern auch schnelles Internet auf der Straße zur Verfügung. Deutschland, nimm dir mal ein Beispiel!


Gesagt getan – der Abstecher nach Prisren war jeden Streckenkilometer wert!

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Und spät nachts fuhren wir glücklich unserer Verabredung am Ohridsee entgegen. Die dreispurige, breite Straße astrein ausgebaut, die Nacht sternenklar, die Känguru-Chroniken als Hörspiel, wunderbar. So zumindest die erste Stunde Fahrt. Dann wurde die Straße nämlich etwas enger, zweispurig und schlussendlich einspurig, aber immer noch gut, um schnell voran zu kommen. Lediglich die Zivilisation wurde spärlicher – ein einziges Dorf lag auf unserer Route, die uns direkt in das Grenzgebirge zwischen dem Kosovo und Mazedonien führte. Dort war die Straße zeitweilig schon recht eng, die Häuser dicht beieinander und nicht nur einmal mussten wir kurzfristig umdisponieren, um eine passende Neuroute durch die gepflasterten Gässchen mit steilen Anfahrten zu finden. Aber danach gings gewohnt gut weiter, die Grenze nach Mazedonien bereits auf Google Maps im Blick. Was uns wohl ein bisschen ZU zielfokussiert hat werden lassen, denn spätestens hier hätten uns zwei Gedanken kommen können:
Wie zur Hölle soll das eine gute Grenzstraße sein, die ggf. auch mal größere LKW passieren können? Und warum zum Teufel brauchen wir für die verbleibenden
drei Kilometer zur Grenze jetzt angeblich noch 30 Minuten?

Aber Mazedonien war quasi in Sichtweite (hätte man Nachts um zwei noch etwas gesehen) und andernfalls wäre die einzige Option gewesen, all die Strecke nach Prisren und von dort aus weiter nach Pristina und Skopje zurückzufahren – ein riesiger Umweg!


Deswegen weiter, eine Strecke die von Google vorgeschlagen wird, sollte ja eigentlich befahrbar sein und hört eigentlich ja nicht einfach auf.


Spoiler alert: Tut sie aber doch.


Aber was dann passiert ist, erzähle ich in der nächsten Geschichte.

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