Griechenland begann für uns direkt mit einem kleinen Abenteuer. Kaum über die Grenze, trafen wir an unserem ersten Stop, der Hafenstadt Igoumenitsa, unsere beiden niederländischen Freunde wieder (siehe Blogeintrag "Ein Zettel an der Windschutzscheibe") und wurden von denselben direkt zu einer mehrtägigen Wanderung über das in Sichtweite liegende Korfu eingeladen. Die beiden Wandererfahrenen hatten den Plan gefasst, ihren Bus im Hafen stehen zu lassen und mit der Fähre nach Korfu über zu setzen, um von dort einige Tage mit Rucksack und Zelt unterwegs zu sein. Klingt doch nach nem super Plan! Gesagt, getan: Am nächsten Morgen standen wir zu viert auf der Fähre und winkten unseren Bussen auf Wiedersehen.
Die ersten Stunden liefen wir im Regen durch Urwald-artige Landschaften im Inneren der Insel. Mittags gab es einen kleinen Stop in einem verlassenen Ziegenstall (es regnete immer noch), um danach weiter in Richtung Meer zu ziehen. Je näher wir dem Wasser kamen, desto besser wurde das Wetter und mit der Zeit löste sich die gefühlt 50 cm dicke Schlammschicht von unseren Schuhen und das Gehen wurde - vielleicht auch auch durch den Sonnenschein und die Aussicht - deutlich leichter. Ein besonders schönes Stück Strand lachte uns so sehr an, dass wir uns dort am späten Nachmittag niederließen. Also Zelte aufgebaut und erst mal in die Wellen gehüpft, um danach ein kleines Lagerfeuer im Sand zu machen. Ein an sich schon sehr schöner Abend, aber er sollte noch viel schöner werden...
Während des Zelt-Aufbaus wurde Flo von ein paar Leuten angesprochen. Alle so eher unsere Eltern-Generation, alle Deutsche und allesamt Künstler und Musiker. Und einen davon kam Flo besonders bekannt vor! Es war ein bekannter deutscher Kinderlieder-Schreiber aus Nürnberg: Der große Geraldino! :D Als Kind war klein Flo sogar mal auf einer Show gewesen. Dieses Wiedersehen musste natürlich gefeiert werden und so wurden wir am Abend eingeladen, doch mal bei ihnen vorbei zu schauen.
Bei "ihnen" handelte es sich um folgende Personen: Geraldino und seine Frau hatten ihren gesamten Freundeskreis zusammengetrommelt, um gemeinsam einen Monat lang (jede/r so lange wie er/sie kann) in dem Haus, das eigentlich ein kleines Familienhotel ist, eine Auszeit von den Coronastrapazen zu nehmen. Durch den Hotelbesitzer, der auch zu den gemeinsamen Freunden zählt, kam es dazu, dass sich dieser Haufen Künstler in der Off-Season für den ganzen November auf Korfu einfanden.
Um der Einladung zu folgen, verließen wir also unser Lagerfeuer, nur um kurz darauf auf einen Haufen fröhlicher Menschen beim Tanzen zu treffen - Geraldino haute als erstklassiger DJ eine Nummer nach der anderen raus und der Generationenunterschied war Geschichte, besonders was den Musikgeschmack betraf. Zur späteren Stunde kam dann – wenig überraschend, bei einem Haus voller Musiker – die Idee auf, selber gemeinsam Musik zu machen. Bis spät in die Nacht saßen wir in großer Runde zusammen und jeder gab ein bisschen was vom eigenen Repertoire zum Besten, inklusive gemeinsamer Karaoke-Klassiker, einem bunten und vielfältigen Mix aus Acapella-Gesang, Akkordeon, Gitarre und Mundharmonika, bis hin zu einer sehr beeindruckenden Jodel-Nummer (siehe Videos). Wir verstanden uns prächtig und wurden direkt zum Frühstück am nächsten Morgen eingeladen.
Und so bekamen wir anstelle karger Wander-Kost ein feudales Mahl serviert und wurden vom Hotelbesitzer über das Grundstück geführt – einer Einrichtung basierend auf sogenanntem "nachhaltigem Tourismus": Relativ klein gehalten und neben den Zimmern, Gemeinschaftsräumen und dem bewussten Verzicht auf einen Pool auch ausgestattet mit einem Gemeinschaftsgarten, einem Hängematten-Wald und noch vielen vielen schönen Ideen mehr. Beflügelt durch die gegenseitige Begeisterung unsererseits an dem spannenden Familienurlaubs-Kozept und seinerseits an unserem musikalischen Werdegang, bot er uns direkt an, im nächsten Sommer bei ihm einzusteigen, um als Full-Time-Job auf Kreta Workshops jeglicher Art (Musik, Gärtnerei, Kommunikation...) für Erwachsene und Kinder zu leiten. Vielleicht die Alternative zum Dasein als Chemiker? Klingt auf jeden Fall verlockend!
Nach diesem ereignisreichen Start in unsere Wanderung lagen noch circa 50 Kilometer vor uns. Bei wunderbarem Wetter liefen wir – in interessante Diskussionen oder unterhaltsame Spiele vertieft – über Dünenlandschaften und bergige Schotterwege, entlang eines küstennahen Sees, durchquerten unzählige Olivenhaine und staunten über die vielfältige wunderschöne Natur der Insel. Nach einer Nacht im Unterholz, bewaffnet mit einer Flasche selbstgemachtem Wein einer netten Einheimischen, fanden wir für unsere dritte Nacht einen surreal schönen Übernachtungsplatz mit Blick über die ganze Insel.
Das einzige Problem war nur: er lag auf einem privaten Grundstück. Die Lösung des Problems kam aber direkt ums Eck und zwar in Form des Besitzers, der uns mit offenen Armen empfing, uns erlaubte unsere Zelte aufzuschlagen und uns sogar Zugang zu Trinkwasser anbot. Und so saßen wir am Abend an einem traumhaft schönen Spot vor unseren Zelten mit einem postkartenreifen Ausblick. Und das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss: Auf dem Grundstück gab es auch noch einen Esel! Ein wunderbarer, sympathischer Vierbeiner, der sich von der überglücklichen Anna streicheln lies. Und so stand wir beiden nebeneinander, genossen den Ausblick und hätten zufriedener nicht sein können.
Zu Abschluss unseres kleinen Abenteuers gönnten wir uns noch eine gemütliche Nacht in einem AirBnB inklusive Abschlussessen, bevor wir am nächsten Tag mit der Fähre unseren Bussen wieder entgegen fuhren, die uns bestimmt schon sehnlichst erwartet hatten und es nicht abwarten konnten, mit uns den Rest von Griechenland zu erkunden...
...aber das ist eine andere Geschichte!
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